Wenn in Vorstädten oder Altbauvierteln eine alte Wasserleitung tropft, ein Heizkessel ausfällt oder ein Dach sanierungsbedürftig wird, dann wenden sich Hausbesitzer meist an lokale Fachbetriebe – nicht an große Konzerne. Diese mittelständischen Handwerksunternehmen sind das Rückgrat der Daseinsvorsorge. Doch sie stehen unter Druck: steigende Kosten, veränderte Kundenerwartungen und neue technologische Entwicklungen fordern Anpassung.
Für viele Betriebe bedeutet Wachstum heute nicht „schneller und größer“, sondern stabiler und nachhaltiger zu werden. Es geht darum, Bewährtes zu erhalten, Qualität zu sichern und den Wandel so zu gestalten, dass er das Fundament des Unternehmens stärkt, statt es zu gefährden.
Nachhaltigkeit als Leitmotiv
Der Begriff „Nachhaltigkeit“ wird häufig auf ökologische Themen reduziert. Im Handwerk umfasst er jedoch weit mehr: betriebswirtschaftliche Beständigkeit, soziale Verantwortung und kontinuierliche Modernisierung.
Ziel ist es, über Generationen hinweg wirtschaftlich tragfähig zu bleiben – durch qualifizierte Mitarbeiter, solide Kundenbeziehungen und verlässliche Arbeitsqualität. Viele Handwerksbetriebe setzen daher auf schrittweise Weiterentwicklung statt radikaler Umbrüche. Dieser Ansatz minimiert Risiken und ermöglicht langfristiges Wachstum aus eigener Stärke heraus.
Wirtschaftliche Realität und neue Kundenerwartungen
Der wirtschaftliche Druck auf Handwerksbetriebe nimmt spürbar zu. Materialpreise steigen, Energie wird teurer, Fachkräfte sind knapp. Gleichzeitig verändern sich Kundenwünsche: Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und digitale Kommunikationswege gehören längst zum Standard.
Eine Studie der Handwerkskammern zeigt, dass über 60 Prozent der Betriebe das Potenzial der Digitalisierung sehen, sich aber durch Investitionskosten und Zeitmangel ausgebremst fühlen. Gleichzeitig erwarten Kunden schnelle Reaktionszeiten, Online-Terminvereinbarungen oder Beratung per Video – Komfort, den viele nur von großen Dienstleistern kannten.
Wer diese Erwartungen erfüllt, verschafft sich einen klaren Wettbewerbsvorteil. Digitalisierung im Handwerk ist keine Revolution, sondern ein Werkzeug: Sie erleichtert Abläufe, verbessert Servicequalität und stärkt die Bindung zu Stammkunden.
Kontinuität als Stärke
Gerade im Handwerk gelingt Wandel oft in kleinen, stetigen Schritten. Erfolgreiche Betriebe erweitern ihre Kompetenzen rund um das, was sie bereits gut können – Montage, Wartung, Instandhaltung. Sie bleiben nah an ihren Kunden und bauen auf Vertrauen auf, das über Jahre gewachsen ist.
Ein Beispiel hierfür ist die Knabenhans Sanitär in Zürich, ein Teil der traditionsreichen Gebr. Knabenhans AG. Der Familienbetrieb mit Wurzeln im Dachdecker-, Kaminfeger- und Spenglerhandwerk hat seine Tätigkeitsfelder im Laufe der Jahre kontinuierlich erweitert und bietet heute neben Bedachungen auch umfassende Sanitär- und Heizungsdienstleistungen in der Stadt Zürich und im gesamten Kanton an.
Das Unternehmen zeigt exemplarisch, wie sich ein Betrieb behutsam diversifizieren kann – Schritt für Schritt, mit Blick auf Qualität, Kundennähe und Verlässlichkeit. Diese Form der Weiterentwicklung bewahrt die Identität des Unternehmens und schafft gleichzeitig Raum für neue Geschäftsfelder.
Drei Hebel für nachhaltige Entwicklung
Wie können Betriebe diese Balance zwischen Tradition und Fortschritt erreichen? Drei Bereiche erweisen sich als besonders wirkungsvoll:
1. Professionalisierung der Abläufe
Viele Handwerksunternehmen arbeiten noch immer mit analogen Strukturen: Telefonlisten, Papieraufträge, Excel-Tabellen. Digitale Lösungen wie CRM-Systeme oder Online-Auftragsverwaltung können Prozesse erheblich vereinfachen.Wichtig ist, schrittweise vorzugehen – etwa mit der Digitalisierung einzelner Abläufe, bevor das gesamte System umgestellt wird. So bleibt die Lernkurve beherrschbar und die Akzeptanz im Team hoch.
2. Nachhaltigkeit und Energieeffizienz als Chance
Das Handwerk ist zentraler Akteur der Energiewende. Ob Gebäudesanierung, Installation sparsamer Heizsysteme oder wassersparender Armaturen – hier entstehen neue Geschäftsfelder. Betriebe, die ökologische Lösungen glaubwürdig anbieten, schaffen Vertrauen und Differenzierung.Wer langfristige Einsparpotenziale aufzeigt, punktet nicht nur bei Kunden, sondern trägt auch aktiv zur Klimastrategie bei.
3. Fachkräftebindung und Weiterbildung
Der Fachkräftemangel bleibt eine der größten Herausforderungen. Viele Betriebe verlieren erfahrene Mitarbeiter, ohne ausreichend Nachwuchs zu gewinnen.Gezielte Weiterbildung, Spezialisierung und interne Entwicklungsmöglichkeiten sind entscheidend. Programme wie jene der Zentralstelle für die Weiterbildung im Handwerk (ZWH) unterstützen dabei, Kompetenzen aktuell zu halten. Ebenso wichtig ist offene Kommunikation: Wenn Mitarbeiter den Veränderungsprozess mitgestalten, steigt ihre Motivation und Loyalität.
Risiken auf dem Weg
Nachhaltiges Wachstum ist kein Selbstläufer. Wer zu schnell investiert, ohne Markt oder Kapazitäten genau zu prüfen, riskiert Überforderung. Auch Digitalisierung kann scheitern, wenn sie unkoordiniert eingeführt wird oder Mitarbeiter nicht mitgenommen werden.
Darüber hinaus fehlt vielen Betrieben die Zeit, sich mit strategischen Fragen auseinanderzusetzen – zwischen Aufträgen, Personalplanung und Buchhaltung bleibt wenig Raum für Innovation. Hier können Netzwerke, Kooperationen und Branchenverbände helfen: Sie ermöglichen Wissenstransfer, gemeinsame Schulungen und Erfahrungsaustausch.
Nicht zu unterschätzen sind öffentliche Förderprogramme für Energieeffizienz und Digitalisierung. Viele kleine Betriebe nutzen sie kaum, weil Bürokratie und Antragsverfahren abschrecken. Beratungsstellen und Handwerkskammern könnten hier stärker unterstützen.
Trends im deutschsprachigen Raum
In Deutschland, Österreich und der Schweiz zeigt sich ein ähnliches Bild: Handwerksbetriebe erweitern ihr Angebot um Dienstleistungen mit Mehrwert – von Wartungsverträgen bis zu digitalen Monitoring-Lösungen. Zugleich gewinnen Themen wie Recycling, Upcycling und ressourcenschonendes Bauen an Gewicht.
In urbanen Räumen entsteht dadurch ein konstanter Bedarf: Alte Gebäude werden modernisiert, Heizsysteme erneuert, Installationen angepasst. Lokale Betriebe, die diese Arbeiten zuverlässig und nachhaltig ausführen, sichern sich einen festen Platz im Markt – oft über Generationen hinweg.
Wachstum ohne Ausverkauf
Der Mittelstand im Handwerk steht nicht zwischen Stillstand und Disruption, sondern zwischen Beharrlichkeit und Anpassung. Die Zukunft gehört jenen Betrieben, die ihre Wurzeln kennen und gleichzeitig bereit sind, Neues zu lernen.
Nachhaltiges Wachstum heißt, Strukturen zu schaffen, die auch morgen Bestand haben – durch digitale Kompetenz, ökologische Verantwortung und ein klares Bekenntnis zur Qualität.
Denn wer Schritt für Schritt modernisiert, statt sich neu zu erfinden, behält Kontrolle über den eigenen Weg. So bleibt das Handwerk das, was es immer war: ein verlässlicher, menschlicher und zukunftsfähiger Pfeiler der Wirtschaft.









